Shift

Shift ist eine Diskussionsreihe, die im Rahmen der zwei Hochschulprogramme LEONARDO – Zentrum für Kreativität und Innovation sowie Kunst – Transfer – Praxis an der AdBK Nürnberg initiiert wird. Sie bringt Akteure verschiedener Disziplinen mit Blick auf dringliche gesellschaftliche, technologische und ökologische Fragen in einen Dialog. Der Titel steht dabei sinnbildlich für die Verschiebung und Verschränkung unterschiedlicher Arbeitsfelder und den damit verbundenen Perspektiven. Der Ort der Veranstaltung wechselt stetig und wird in Kooperation mit verschiedenen öffentlichen Einrichtungen in Nürnberg organisiert. Flankiert wird die Diskussionsreihe von Shift Film. Hierbei werden in einem öffentlichen Screening Filme gezeigt, die thematisch an die Diskussionsreihe anknüpfen.

Shift #6: Sensible Daten – Digitale Werte

Online-Panel, 16. Juni 2021, 18 Uhr

Ausgehend von der Auseinandersetzung mit Aspekten zunehmender Technisierung von Körper und Gesellschaft, die im Mittelpunkt der vergangenen Shift-Veranstaltung stand, widmete sich Shift #6 dem Verhältnis zwischen sensiblen Daten in digitalisierten Umgebungen und ihren realen und spekulativen Werten. Aus den Interaktionen und Kooperationen zwischen Mensch und Maschine werden fortwährend Daten generiert. Vernetzte „smarte“ Technologien und verborgene Wertschöpfungsketten tragen zu einer zunehmenden Komplexität und Undurchsichtigkeit der digitalen Gegenwart bei. Informationen zu individuellen Erfahrungen und Gefühlen und den damit verbundenen Handlungsweisen werden abstrahiert als Datensätze zu wertvollen digitalen Handelsgütern und profitablen Rohstoffen erhoben. Fragen nach den Implikationen dieser Entwicklungen, die mit dem digitalen Überwachungskapitalismus einhergehen, rücken somit – nicht zuletzt auch durch die aktuelle Situation der globalen Pandemie – weiter in den Fokus.

Mit Impulsvorträgen von:

Christoph Engemann (Medienwissenschaftler, Postdoc am Lehrstuhl Virtual Humanities, Ruhr-Universität Bochum)

Boaz Levin (Schriftsteller, Künstler und Kurator, Co-Gründer des Research Center for Proxy Politics)

Sophie-Carolin Wagner (Künstlerin, Co-Gründerin von RIAT und Managing Director von Eurozine – Gesellschaft zur Vernetzung von Kulturmedien mbH

Shift #5: Erweiterte Körper

Online-Panel, 20. Januar 2021, 18 Uhr

Shift #5 widmete sich Fragen der zunehmenden Technisierung von Körper und Gesellschaft vor dem Hintergrund von (Selbst-)Optimierung und Effizienzsteigerung. Debatten rund um die technische Erweiterbarkeit des Körpers standen dabei ebenso im Mittelpunkt wie Mensch-Maschinen-Kollaboration, Künstliche Intelligenz und Fragen nach Wertschöpfung und Ethik.

Mit Impulsvorträgen von:

Marie-Luise Angerer ist Professorin für Medientheorie/Medienwissenschaft an der Universität Potsdam, Geschäftsführende Direktorin des Brandenburgischen Zentrums für Medienwissenschaften (ZeM) in Potsdam sowie Sprecherin des Forschungskollegs „SENSING. Vom Wissen sensibler Medien„. Ihr Forschungsschwerpunkt umfasst die Auseinandersetzung mit Medientechnologien, Affekttheorie und neurowissenschaftlichen Neubestimmungen von Begehren, Sexualität und Körper.

Paul Feigelfeld ist Kultur- und Medienwissenschaftler, derzeit Fellow am IFK Wien und Mitglied des Exzellenzclusters „Matters of Activity“ an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2019 war er Gastkurator der Vienna Biennale am MAK – Museum für Angewandte Kunst Wien und realisierte dort die Ausstellung „Uncanny Values. Artificial Intelligence & You„. Ausgehend von diesem Ausstellungsprojekt ging Feigelfeld auf Fragen nach den unklaren, riskanten, ignoranten, aber auch kreativen und konstruktiven Verhältnissen von Wissenschaft, Kunst und Technologie ein.

Sabine Pfeiffer ist Professorin für Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg. Im Mittelpunkt ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit steht das Zusammenspiel von Arbeit und Technik in Unternehmen, aber auch die gesellschaftlichen Folgen der digitalen Transformation. Darüberhinaus forscht sie am Nuremberg Campus of Technology zum Antrieb und zu den Widersprüchen des Wandels von Arbeit. In ihrem Vortrag „Blick in die Black Box“ sprach sie über (gestaltbare) Grenzen von KI und Machine Learning.

Shift #4: Technoökologische Zukünfte

Online-Panel, 2. November 2020, 18 Uhr

Dauerhafte Einwirkungen durch menschliche Eingriffe in bestehende Ökosysteme haben zu einer tiefgreifenden Veränderung des globalen Weltgefüges geführt. Vor diesem Hintergrund standen bei Shift #4 die Verschränkung von Technologie, Umwelt und Gesellschaft im Sinne einer nachhaltigen Symbiose und somit unterschiedliche Dimensionen technoökologischer Denk- und Handlungsweisen im Fokus.

Mit Impulsvorträgen von:

Ursula Biemann ist Künstlerin, Autorin und Video-Essayistin. Ihre künstlerische Arbeit ist forschungsorientiert und umfasst Feldforschung an abgeschiedenen Orten, wo sie die politischen Ökologien von Wäldern, Öl und Wasser recherchiert. In ihrer Videopraxis verknüpft sie filmische Landschaften mit dokumentarischem Filmmaterial sowie Science-Fiction-Poesie mit akademischen Untersuchungen zu einer Erzählung der sich verändernden planetaren Realität. Bei Shift stellte sie ihr jüngstes Projekt vor; „Devenir Universidad„. Hier arbeitet sie im Süden Kolumbiens derzeit an der Mitgestaltung einer indigenen Universität zur interkulturellen Wissensgenerierung.

Susanne M. Winterling ist Künstlerin und lebt in Berlin. Sie sprach über ihre zeitbasierten Installationen, in denen sie traditionelle, mythologische und fiktionale Erklärungsmodelle mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft verbindet. Dabei hinterfragte sie dualistische Denkansätze, wie beispielsweise die klare Differenzierung zwischen Natur und Kultur.

Shift #3: Vom (Nicht-)Produktiven

Online-Panel, 27. Mai 2020, 18 Uhr

Shift #3 widmete sich dem Produktivitätsbegriff und seinen Implikationen in kunst- und kulturwissenschaftlichen wie wirtschaftlichen Kontexten. Vor dem Hintergrund sich stetig wandelnder Arbeits- und Lebensrealitäten wurden die Optimierungs- und Effizienzdiskurse und ihre Wertedimension aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Gerade während der Pandemie, einer Situation von eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten und einer daraus resultierenden Entschleunigung, stellt sich die Frage, inwieweit das gesellschaftliche Verständnis von Produktivität und der damit verbundene Imperativ einer Revision bedürfen.

Mit Impulsvorträgen von:

Dr. Susanne Witzgall, Leiterin des cx centrums für interdisziplinäre Studien der Akademie der Bildenden Künste München, setzt sich in ihrer Arbeit u.a. mit dem Verhältnis von Kunst und Wissenschaft sowie mit Themen und Fragestellungen aktueller interdisziplinärer Diskurse auseinander.

Dr. Wiebke Gronemeyer, Kulturwissenschaftlerin, Kuratorin und Autorin, arbeitet bei Metaplan Hamburg, wo sie Wirtschaftsunternehmen und Bildungseinrichtungen u.a. mithilfe einer von Künstler*innen mitentwickelten Moderationsmethode berät.

Prof. Dr. Thomas Voit lehrt Wirtschaftsinformatik und Geschäftsprozessmanagement an der Technischen Hochschule Nürnberg, wo er zu den Anwendungssystemen des Gamification forscht. Beim Gamification werden Spielelemente in spielfremde Arbeitskontexte integriert, um Motivation und Leistungsfähigkeit bei Anwendern zu steigern.

Josef Strau ist Bildender Künstler. Er formulierte in seinem gleichnamigen Aufsatz und im Rückgriff auf die Kölner Kunstszene der 1990er Jahre die „Non-Productive Attitude“ – eine künstlerische Haltung, die sich von der klassischen, objektbasierten Kunstproduktion distanzierte und stattdessen soziale und relationale Aspekte künstlerischer Praxis in den Vordergrund stellte.

Shift #2: Interdisziplinarität und das Versprechen hybrider Praktiken

Glasbau Künstlerhaus Nürnberg, 13. November 2019, 18 Uhr

Shift #2 setzte sich mit der Verknüpfung und Verschränkung unterschiedlicher Arbeitsfelder, Methoden und Wissensbereiche auseinander. Im Fokus der Podiumsdiskussion standen die Bedeutungs- und Handlungsfelder von interdisziplinären Praktiken sowie auch die Herausforderungen des gegenwärtigen Imperativs von Hybridität und Kooperation.

Mit Impulsvorträgen von:

Prof. Carola Dietrich lehrt an der Fakultät Architektur der Technischen Hochschule Nürnberg. Der Künstler und Musiker Jan St. Werner ist Professor für Interaktive Medien / Dynamische Akustische Forschung an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Gemeinsam sprachen sie über ihre hochschulübergreifende Projektarbeit  „Architektur Hören“.

Prof. Christoph Gengnagel ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Architektur und Städtebau der Universität der Künste Berlin und Projektleiter der Hybrid Plattform, einer Kooperation zwischen der Universität der Künste Berlin und der Technischen Hochschule Berlin. Im Rahmen von Shift stellte er die verschiedenen Initiativen und Projekte der Hybrid Plattform vor. 

Dr. Martin Ullrich, Professor für Interdisziplinäre Musikforschung mit Schwerpunkt Human-Animal Studies an der Hochschule für Musik Nürnberg, sprach über seine Forschungsfragen zu kulturell geprägten Mensch-Tier-Verhältnissen, künstlerischen Repräsentationen von Tieren und zur Handlungsmacht (agency) von Tieren in menschlichen Gesellschaften.

Shift #1: Kunst an kunstfernen Orten

Mensa der AdBK Nürnberg, 19. Juli 2020, 18 Uhr

Shift #1 nahm die Konzeption der Artist Placement Group zum Ausgangspunkt der Diskussionsrunde. Die 1965 von einer Gruppe Londoner Künstler*innen ins Leben gerufene Initiative versuchte, die Kunst außerhalb der Galerie neu auszurichten. Unter anderem arbeiteten sie für einen abgesteckten Zeitraum in Unternehmen wie der British Steel Corporation oder auch in öffentlichen Einrichtungen wie dem britischen Umweltministerium. „Context is Half The Work“, ausgehend von diesem Zitat der Artist Placement Group, widmete sich Shift #1 künstlerischen Praktiken außerhalb konventioneller Ausstellungskontexte sowie künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum.

Mit Impulsvorträgen von:

Jochen Becker, Autor, Kurator, Dozent und Mitbegründer von metroZones|Center for Urban Affairs sowie der station urbaner kulturen, sprach über seine vielfältigen Kunstinitiativen im öffentlichen Raum an den Stadträndern Berlins.

Sophie-Charlotte Thieroff, Leiterin des art, science & business Programms, stellte die Kooperation mit dem Unternehmen Bosch vor, bei der Künstler*innen in Form einer Art Residency im Bosch Zentrum für Forschung und Vorausentwicklung arbeiten.

Johannes Paul Raether, Künstler und Professor des Masterstudiengangs Live Art Forms der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg stellte seine konstruierten Identitäten vor, die er umsorgt und die sich aus Sprache, technologischen Häuten und digitalen Geräten und Körpern zusammensetzen. Die Lebenslinien dieser AlterIdentities und SelfSisters tauchen in unterschiedlichen Kontexten im öffentlichen Raum auf, um dort zu forschen, zu lehren und Geschichten zu erzählen.


Shift Film

Die Screening-Reihe Shift Film präsentiert auf Einladung der Hochschulprogramme Kunst – Transfer – Praxis sowie LEONARDO – Zentrum für Kreativität und Innovation Filme, die im direkten Zusammenhang mit der namensgebenden Diskussionsreihe Shift stehen.

Die Höhle der vergessenen Träume / Cave of forgotten dreams von Werner Herzog

Screening im Casablanca Kino, Brosamerstr. 12, Nürnberg, am 03. November 2022, um 19 Uhr

DIE HÖHLE DER VERGESSENEN TRÄUME / CAVE OF FORGOTTEN DREAMS (3D), Regie: Werner Herzog, Frankreich/Kanada/Deutschland/Vereinigte Staaten/Vereinigtes Königreich 2010 mit einer Einführung von Georg Simbeni 

„Die Höhle der vergessenen Träume“ ist Werner Herzogs erster und einziger 3D-Film, in dem die Nutzung der 3D-Technologie weitestgehend inhaltlich begründet ist. Der Regisseur, der bekanntermaßen Skepsis gegen die Technologie hegte, entschied sich seinem dokumentarisch-archäologischen Interesse folgend dennoch für sie, um die reliefartigen Höhenmalereien in der französischen Chauvet-Höhle in ihrer natürlichen Umgebung möglichst naturgetreu einzufangen.

Über 20.000 Jahre war die Chauvet-Höhle von einem Felssturz versiegelt – und mit ihr kristallverkrustete Innenräume von der Größe eines Fußballfelds, übersät mit den versteinerten Überresten riesiger eiszeitlicher Säugetiere. 1994 entdeckten Forscher:innen die Grotten und fanden darin hunderte von spektakulären und über 30.000 Jahre alte Malereien. Sie stammen aus einer Zeit, als noch Urmenschen über die Erde streiften und Höhlenbären, Mammuts und Eiszeitlöwen die beherrschenden Spezies in Europa waren.

Seitdem hatten nur wenige Menschen Zugang zur Chauvet-Höhle, und so ist die wahre Dimension ihrer Schätze der Öffentlichkeit verwehrt geblieben – bis Werner Herzog die Erlaubnis zum Filmen erhielt. Mit seinen 3D-Aufnahmen fängt Herzog die Magie dieses außergewöhnlichen Ortes ein, während er auf seine unverwechselbare Art über dessen ursprüngliche Bewohner*innen, die Geburt der Kunst und die merkwürdigen Menschen im Umfeld der Höhle philosophiert.

Georg Simbeni ist Medienkurator an der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen in Berlin. Er war an der Umsetzung der aktuellen Ausstellung zum Werk von Werner Herzog (noch bis Ende März 2023 zu sehen) und der  aus diesem Anlass erfolgten umfassenden Auswertung des hausinternen Werner Herzog Archivs beteiligt. Simbeni studierte Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Kamera und Bildgestaltung in Innsbruck und Berlin und arbeitet neben seiner kuratorischen Praxis als Kameramann, Autor und Lehrbeauftragter.

Adieu au Langage / Goodbye to Language von Jean-Luc Godard

Screening im Casablanca Kino, Brosamerstr. 12, Nürnberg, 03. Februar 2022, 19 Uhr

Adieu au Langage / Goodbye To Language (3D), Regie: Jean-Luc Godard, Frankreich 2014, Original mit englischen Untertiteln (Original: französisch), 70 min, mit Gespräch zwischen den Künstlerinnen und Forscherinnen Angela Stiegler, Shila Rastizadeh, Kamerafrau Julia Swoboda und Franziska Linhardt (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Museum Brandhorst, München).

“Mit Augenschmerzen und Euphorie lässt man sich von Godard in die Untiefen der Kinozukunft schleudern” (critic.de)

Der 3D Film Goodbye To Language ist ein kompromisslos verschachteltes 70-minütiges Filmerlebnis, zusammengesetzt aus Fragmenten der Illusion und Desillusionierung. Die Darstellerinnen und Darsteller des Films sprechen zueinander, als sprächen sie gleichfalls mit sich selbst oder mit der nicht existierenden vierten Wand. Es wird aus klassischen Filmen zitiert, es gibt Videoaufnahmen mit übersteigerten knallig lauten Farben und aufdringlicher Musik.

Goodbye To Language wurde mit Smartphones und GoPro-Kameras in 3D gedreht und nutzt die zusätzliche Dimension nicht, wie man es von dem für seine Eigenwilligkeiten und Provokationen bekannten Filmemacher Godard erwarten könnte, um das Kino Gimmick zu kritisieren. Er hebt die Geschichte des Kinos durch sie hervor und nutzt den Illusionismus von 3D für seine Zwecke, wie es nur der alte Meister des politischen Films kann. Dazu gehört beispielsweise die Sequenz, in der sich eine einzige, ununterbrochene Einstellung in zwei getrennte Aufnahmen aufteilt, die gleichzeitig entweder mit dem linken oder dem rechten Auge betrachtet werden können, und dann wieder zu einer einzigen 3D-Einstellung zurückkehrt. Der Kameramann Aragno und Godard experimentierten auch mit doppelt belichteten 3D-Bildern und Aufnahmen mit Parallaxe, die für das menschliche Auge schwer zu erkennen sind.

Wir möchten die Seherfahrung von Goodbye To Language im Casablanca Kino als gemeinsames Experiment begreifen. Im Anschluss des Screenings werden Angela Stiegler (künstlerische Mitarbeit AdBK Nürnberg), Shila Rastizadeh (wissenschaftliche Hilfskraft TH Nürnberg) und Kamerafrau Julia Swoboda über ihr Forschungsprojekt MOTION SICKNESS EXERCISE (in Zusammenarbeit mit Prof. Timo Götzelmann und Prof. Susanne Kühn) sprechen, in dem es um die Erforschung der Grenzen und Potenziale des körperlichen Erlebens von Schwindel geht. Ein wesentliches Augenmerk ihrer Forschungsarbeit liegt dabei auf körperlichen Erfahrungen mit technischen Erfindungen, wie 3D Technologie und Virtual Reality. Franziska Linhardt vom Museum Brandhorst München wird das geplante Ausstellungsprojekt „Future Bodies from a Recent Past – Sculpture, Technology, and the Body since the 1950s” (2022) vorstellen und hier auch auf die Schnittstellen zwischen Technologie und Körper, Technik und Kunst Bezug nehmen.

Teknolust von Lynn Hershman Leeson

Online-Screening, 28. Januar 2021, 18 Uhr

Gespräch zwischen der Künstlerin Lynn Hershman Leeson und Anna Gritz (Kuratorin, KW Institute for Contemporary Art, Berlin).

Ruby, Olive und Marine heißen die Klone, die die Biogenetikerin Dr. Rosetta Stone als Replikantinnen ihrer Selbst auf Grundlage ihrer eigenen DNA erschaffen hat. Die Cyber-Zöglinge leben in einem virtuellen Kosmos, den sie zeitweise verlassen, um sich auf Streifzüge durch die reale Welt zu begeben. Der Drang nach Eigenständigkeit und die Jagd nach ihrem Lebenselixier treiben die Drillinge nach draußen – Rosetta Stone verliert zunehmend die Kontrolle über ihre Geschöpfe.

Teknolust ist ein Science-Fiction-Filmdrama (USA, DEU, GBR) aus dem Jahr 2002. Regie führte die US-amerikanische Künstlerin und Filmemacherin Lynn Hershman Leeson, die auch das Drehbuch schrieb und den Film mitproduzierte. Premiere feierte der Film 2002 auf dem Sundance Film Festival, es folgten Vorführungen u.a. auf dem Internationalen Filmfestspielen von Cannes und dem Toronto International Film Festival. Auf dem Hamptons International Film Festival wurde Lynn Hershman Leeson für Teknolust mit einem Preis ausgezeichnet.

Die amerikanische Künstlerin Lynn Hershman Leeson, die heute in San Francisco und New York lebt und arbeitet, gehört zu den Pionieren der interaktiven Medienkunst. Sie hat mit einer Reihe von verschiedenen Medien gearbeitet; Fotografie, Video, elektronische Environments, Software und Net Art sowie Film und Performances. Im Laufe der Jahrzehnte hat sie Konzepte von Identität, Geschlechterpolitik, die Beziehung zwischen „realen“ und virtuellen Welten untersucht und hinterfragt und mit Mensch-Maschinen-Schnittstellen experimentiert.

Lynn zeigte ihre Arbeiten bereits in über 200 groß angelegten Ausstellungen weltweit. Das ZKM in Karlsruhe widmete ihr kürzlich eine Retrospektive.

Donna Haraway: Story telling for earthly survival von Fabrizio Terranova

Online-Screening, 10. Juli 2020, 18 Uhr

Mit einer Einführung von Heidi Ballet (freie Kuratorin; Berlin, Brüssel)

Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival ist ein filmisches Porträt über die US-amerikanische Biologin, Wissenschaftsphilosophin und Literaturwissenschaftlerin Donna Haraway. In ihrer Forschung verknüpft sie Wissenschaftstheorien und Technologieentwicklungen mit feministischen Diskursen und Ansätzen aus der Science-Fiction, woraus sie progressive Theorien ableitet und neue Narrative einführt. Indem sie sich der systemischen Festschreibung der menschlichen Seinsweise widersetzt und die kategorische Trennung zwischen Mensch, Tier und Maschine aufhebt, schafft sie neue Wege, sich dem ganzheitlichen Gefüge unserer Erde anzunähern.
 

Der belgische Filmemacher Fabrizio Terranova besuchte Donna Haraway in ihrem Haus in Südkalifornien. Er verbrachte dort mehrere Wochen und erhielt in persönlichen Gesprächen Einblicke in ihre visionäre Gedankenwelt. In dem 2016 erschienenen Dokumentarfilm Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival erkundet Terranova die Theorien und Ansichten, die Donna Haraway über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat. Durch den Einsatz von Archivmaterial und Greenscreen-Technik entsteht ein intellektueller und stilistisch versierter, aber auch verspielter und humorvoll-exzentrischer Film über eine originelle Denkerin.

Symbiotic Earth – How Lynn Margulis rocked the boat and started a scientific revolution von John Feldman

Online-Screening, 2. Juli 2020, 18 Uhr

Symbiotic Earth führt in die wesentlichen Erkenntnisse der amerikanischen Wissenschaftlerin und Biologin Lynn Margulis (1938 – 2011) und deren Kampf um die Anerkennung ihrer Forschung ein. In den 1960er Jahren stellte Margulis die Symbiose, also das Zusammenleben von Lebewesen verschiedener Art zu beidseitigem Nutzen, als Schlüsselelement der Evolution vor: Entgegen der Ansicht, dass sich das Leben durch zufällige genetische Mutationen und Konkurrenz entwickelt hat, zeigt Lynn Margulis das Narrativ eines symbiotischen Systems auf, in dem sich Bakterien verbinden, um Zellen zu schaffen, aus denen die Organismen des Lebens entstehen. Ihre Thesen stießen bei den Vertreter*innen der sogenannten neodarwinistischen Auslegung der Evolutionstheorie zunächst auf große Kritik. Heute gilt die von Margulis beschriebene Symbiogenese jedoch als anerkannt und ist zusammen mit dem Darwinismus und dem Gentransfer eine der drei wesentlichen Theorien zur Entwicklung unterschiedlicher Lebensformen.

Unter der Regie von John Feldman kommen in dem Dokumentarfilm aus dem Jahr 2017 internationale Wissenschaftler*innen zu Wort, die, wie Lynn Margulis, wegbereitend in ihrem Forschungsfeld waren. In dieser Verknüpfung erforscht der Film Symbiotic Earth sowohl Leben und Arbeit von Lynn Margulis als auch die Verbundenheit der Lebewesen als Grundprinzip des Lebens auf der Erde.

Weitermachen Sanssouci von Max Linz

AdBK Nürnberg, 23. Januar 2020, 18 Uhr

Mit anschließendem Gespräch zwischen dem Filmemacher Max Linz und Lisa Rave

In dem 2019 im Forum der Berlinale uraufgeführten Spielfilm Weitermachen Sanssouci parodiert Max Linz festgefahrene Prozesse im Hochschulbetrieb. Handlungsmittelpunkt ist das fiktive Institut für Kybernetik an einer Berliner Universität und sein drittmittelfinanziertes Projekt zur Förderung der virtuellen Simulation vom Klimawandel. Die institutionellen Hürden, die unermüdlichen Bemühungen um finanzielle Fördermittel und der damit verbundene Evaluationszwang überdecken die inhaltliche Auseinandersetzung in Forschung und Lehre. Max Linz stellt die Hochschule als zweckentfremdete Bühne dar, die sich an Antragsformalitäten, Brandschutzverordnungen, Studierendenstreiks oder Referatmarathons abzuarbeiten droht. Alltägliche Szenen aus dem Universitätsbetrieb verlieren sich in akademischen Worthülsen sowie sinnentleerten Handlungen und driften ins Absurde ab. Grotesk überzogen und zugleich nüchtern entlarvend beleuchtet Max Linz sowohl die internen Arbeitsweisen als auch die (hochschul)politischen Strukturen, die solche Entwicklungen bedingen.

Max Linz (*1984 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Berlin) studierte Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin und an der Sorbonne Nouvelle Paris 3 sowie Regie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Sein Abschlussfilm Ich will mich nicht künstlich aufregen, eine Satire über den Berliner Kulturbetrieb, lief im Forum der Berlinale 2017. Linz arbeitet als Filmemacher, publiziert zu filmpolitischen und ästhetischen Themen und hat seit dem Wintersemester 2019/2020 eine Gastprofessur an der Universität der Künste inne.