Eternipedia

Was bleibt von uns übrig? Von uns als Individuen, von uns als Kultur, von uns als Zivilisation, von uns als Menschheit? In hundert, in tausend, in zehntausend Jahren? Goethes Faust formuliert einen Auftrag: „Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.“ Aber was ist denn das „Echte“? Und wie stellt man sicher, dass es „unverloren“ bleibt? Dieser Frage nachzugehen, ist Kern des Projekts „Eternipedia“: Es hat sich zum Ziel gesetzt, Text, Bild und Ton zu bewahren.

Projektbeschreibung

Wie verewigt man Wissen? Das digitale Zeitalter ermöglicht es uns, Unmengen an Daten zu speichern. Ganz abgesehen von der Überlegung, welcher Anteil dieser Daten als Wissen bezeichnet werden kann, welches davon wichtig erscheint und wie man es am besten darstellt, damit es die Nachwelt verstehen kann, drängt sich die Frage auf, wie nachhaltig und zukunftsträchtig unsere heutigen Wissensspeicher sind. 

Dass digitale Datenträger durchaus zu wünschen übrig lassen, wenn es um Langzeitspeicherung geht, dürfte allen offensichtlich sein, die versucht haben, eine alte Floppy Disk zu lesen. Selbst bei CDs ist es absehbar, dass diese in 50 Jahren nur noch im Museum zu finden sein werden. Papier hält im Vergleich überraschend lange, aber eben nur, wenn man es nicht anzündet. Die derzeitig gängigen Speichertechnologien sind also vergleichsweise kurzlebig und somit nicht geeignet, um Wissen zuverlässig für nächste Generationen oder andere aufzubewahren. 

Blickt man in die Archäologie, dann sind die wohl ältesten und damit nachhaltigsten Datenträger, die uns Menschen bekannt sind und etwas über das Wissen der Vergangenheit erzählen, die Wände von Höhlen, Steine, Flächen von Bauwerken und extra gefertigte Tafeln wie die mesopotamischen Tontäfelchen.  

Im Projekt „Eternipedia“ hat sich ein interdisziplinäres Team zusammengetan, um mit den neuesten technischen Möglichkeiten und dem historisch zuverlässigsten Material nachhaltige Datenträger zu entwickeln und in serielle Produktion zu bringen. Als Werkstofftechniker und Materialwissenschaftler ist Prof. Dr. Bastian Raab im Projekt für die Klärung der Hardwareform zuständig, für die Informationsverarbeitung und für die Automatisierung der Prozesse der Informationstechniker Prof. Dr. Ralph Lano. Die Fachgebiete Design und Kunst beschäftigen sich direkt und indirekt mit unserer Vergänglichkeit, dem treibenden Faktor hinter fast all unserem Tun. Im Falle von „Eternipedia“ übernimmt diese Rolle Prof. Yves Ebnöther, der sich zudem mit der Frage befasst, wie die serielle Produktion gelingen kann.

Experimentiert wurde und wird mit verschiedenen keramischen Stoffen: in unterschiedlicher Größe und Dicke, ihrem Verhalten bei Trocken- und Brennvorgängen, mit verschiedenen Methoden, Daten aufzubringen, z.B. in ungebranntem und gebranntem Zustand, mit Lasern, Fräsen oder Ritzen. Mithilfe von Studierenden aus allen beteiligten Fachbereichen wurde eine Vielzahl an Prototypen hergestellt, anhand derer Qualitätsmerkmale wie Form- und Bruchverhalten des Materials oder Lesbarkeit der Information getestet wurden.

Neben anfänglichen Studien rund um die Lesbarkeit, bei denen Schriftmengen, Schriftarten, Schriftgrößen u.a. getestet wurden, gingen die drei Forscher schnell dazu über, auch mit Bildmaterial zu experimentieren. 

Eine weitere Studienserie widmete sich der Herstellung von Schallplatten aus Keramik. Dazu wurde nicht nur das Material selbst und die Einbringung der Rillen untersucht, sondern auch das Abspielen der „Ton“-Träger auf einem Plattenspieler getestet.

Wikipediabeitrag „The Arts“ auf Chinesisch

Bis Ende des Jahres 2021 will das Projektteam die hundert wichtigsten Artikel der Website Wikipedia gedruckt haben, was einer Menge von 784 Tontafeln entspricht. Außerdem sind Untersuchungen weiterer Faktoren angedacht, wie etwa das Erstellen von Bildmaterial durch Einbezug von 3D-gedruckten Schablonen oder die Qualitätssicherung, auch über eine gesamte Produktionsserie hinweg. Das Projekt hat eine eigene Website und einen Auftritt auf der Seite Patreon.

Projektbeteiligte:

  • Prof. Dr. Ralph Lano

    Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät Elektrotechnik Feinwerktechnik Informationstechnik

  • Prof. Yves Ebnöther

    Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät Design

  • Prof. Dr. Bastian Raab

    Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät Werkstofftechnik

  • Emely Rosbach

    Technische Hochschule Nürnberg, Studentische Hilfskraft

  • Michaela Hlatky

    Technische Hochschule Nürnberg, Studentische Hilfskraft

  • Kevin Koller

    Technische Hochschule Nürnberg, Studentische Hilfskraft

  • Oliver Szczygiel

    Technische Hochschule Nürnberg, Studentische Hilfskraft

  • Vedat Senturk

    Technische Hochschule Nürnberg, Studentische Hilfskraft

Weiterführende Links:

Fotos: Eternipedia