Über die Bewegung von Sound im Raum

Im Sommer fand im Rahmen des LEONARDO-Projektes „Robodynamische Diffusion / Moving Speakers“ ein Workshop mit den Projektbeteiligten der AdBK Nürnberg und der TH Nürnberg statt.

Die Entfaltung der räumlichen Wirkung von Sound steht im Fokus des von LEONARDO geförderten Projektes Robodynamische Diffusion / Moving Speakers. Die Töne vom Instrument zu entkoppeln und frei im Raum zu bewegen, ist ein Anliegen der elektroakustischen Musik, das der Komponist Karlheinz Stockhausen bereits Mitte des 20. Jahrhunderts äußerte:

„1953/54 haben wir versucht, Lautsprecher an Seile zu hängen und im Saal zu bewegen. Man kann ja nun nicht so einfach einen Trompeter auf einem Stuhl festbinden und ihn im Saal herumschleudern und dabei blasen lassen.

Also sucht man andere Möglichkeiten, den Klang alleine in einem Raum zu bewegen, und diese Entwicklung hat gerade erst begonnen. Die Bewegung der Klänge ist also nicht mehr notwendig an den Körper gebunden.

Das ist etwas sehr Wichtiges. Daß ich dank der modernen Hilfsmittel Mikrophon, Magnetophon, Lautsprecher nicht mehr die 172 Pfund transportieren muß, wenn meine Stimme irgendwo in der Ferne gehört werden soll. Daß ein Oboist, der vorne links auf einem Podium sitzt, nun immer von da gehört werden soll, wo er sitzt, ist ja nicht unbedingt notwendig. Das wissen wir alle vom Radio und vom Fernsehen.

Und sicher werden sich die modernen Mittel immer mehr so entwickeln, daß wir ganz plastische, dreidimensionale Akustik wie auch Optik erleben, ich meine also Klänge überall an beliebigen Punkten im Raum.“

Karlheinz Stockhausen: Vier Kriterien der Elektronischen Musik, September 1972
Karlheinz Stockhausen mit selbstentworfenem Rotationslautsprecher im Studio für elektronische Musik des WDR Köln, 1959, © Archiv der Stockhausen-Stiftung für Musik, Kürten (www.karlheinzstockhausen.org)

Das Kooperationsprojekt überträgt Stockhausens Vorstellung von frei bewegbarem Sound im Raum ins 21. Jahrhundert. Dank moderner Technologien nimmt sie nun reale Formen an. Initiiert von Prof. Jan St. Werner kooperieren die Projektklasse für Interaktive Medien/ Dynamische Akustische Forschung (DAF) und die Werkstatt für Interaktive Medien der AdBK Nürnberg mit dem Labor für mobile Robotik der TH Nürnberg und der Firma Evocortex, um gemeinsam mobile Lautsprecherobjekte zu entwickeln. Dabei werden Roboterplattformen eingesetzt, die sich über Programmierung oder Fernsteuerung positionieren und ausrichten lassen. Durch die Bewegung der Klangkörper im architektonischen Raum entstehen akustische Reflexionen und Resonanzen: Schallwellen brechen sich an den baulichen Formen und versetzen die Umgebung in Schwingungen, wodurch das Klangergebnis beeinflusst wird. Somit wird der Aufführungsraum selbst Teil des Instruments und aktiv in die Komposition einbezogen.


In diesem Sommer trafen sich die Projektbeteiligten zu einem gemeinsamen Workshop, um die bisherigen Ergebnisse ihrer Forschung zusammenzuführen und aufeinander abzustimmen. Dabei stand die Entwicklung einer Schnittstelle zwischen Akustik und Robotik im Fokus: Die Ausführung der Roboterbewegungen sollen präzise steuerbar und exakt auf den Sound abgestimmt sein. In der Werkstatt für Interaktive Medien von Michael Akstaller und Oliver Mayer wurde ein Verfahren geplant, um die Bewegung des Roboters synchron zum Ton zu choreographieren. Im Rahmen ihres Masterstudiums arbeiteten Studenten von Prof. Dr. Stefan May an dieser Verbindung zwischen Roboter und Komposition und programmierten die benötigten Schnittstellen am Roboter. Der Entwicklungsprozess von Konzeption über Programmierung bis hin zu technischer Ausführung bedarf genauer Abstimmungen, da die unterschiedlichen Arbeitsschritte unmittelbar ineinandergreifen.

Skizzen von Oliver Mayer aus der Werkstatt für Interaktive Medien zur Entwicklung der Lautsprecherobjekte


Die mobilen Lautsprecher zu choreographiereneröffnet neue Möglichkeiten im Bereich der experimentellen und traditionellen Tonwiedergabe – sei es als voll automatisiertes Bühnenstück oder als Raumerkundungsmittel mit Künstlicher Intelligenz. Das Projekt Robodynamische Diffusion / Moving Speakers untersucht anhand des Lautsprechers den Zusammenhang zwischen Raum und Klang und entwickelt ein Instrument, das die Parameter von Musik und deren akustische Wahrnehmung neu befragt.

Robodynamische Diffusion / Moving Speakers wird von LEONARDO gefördert und ist ein Kooperationsprojekt von

  • Prof. Jan St. Werner, Projektklasse für Interaktive Medien/ Dynamische Akustische Forschung (DAF), AdBK Nürnberg
  • Prof. Dr. Stefan May, Fakultät Elektrotechnik Feinwerktechnik Informationstechnik, Labor für mobile Robotik, TH Nürnberg
  • Michael Akstaller, Oliver Mayer, Werkstatt für Interaktive Medien, AdBK Nürnberg
  • Evocortex GmbH Nürnberg
  • Meyer Sound